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Enzyklopädien des Imaginären - Borges im künstlerischen und literarischen Kontext

Ausstellungsplakat

 

 

Termine und Programm

Eröffnung: Freitag, der 13. Juni 2008
Uhrzeit: 18.30 Uhr
Ort: Universitätsbibliothek, Universitätsstr. 150, Etage 1
Dauer: 13.6.2008 - 31.8.2008
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 8 - 24 Uhr, Samstag von 11 - 20 Uhr, Sonntag von 11 - 18 Uhr

Begrüßung:

  • Gisela Ogasa, Universitätsbibliothek
Einführung:
  • Prof. Dr. Monika Schmitz-Emans, Lehrstuhl für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft am Institut für Germanistik / RUB und Leiterin des DFG-Projekts „Literarische Experimente mit der Gestalt des Buchs unter wissenspoetologischen, medienästhetischen und darstellungsreflexiven Aspekten“
  • Christoph Schulz, wissenschaftlicher Mitarbeiter im DFG-Projekt „Literarische Experimente mit der Gestalt des Buchs“ und Kurator der Ausstellung
Kontakt:
  • Gisela Ogasa, Tel. 0234 - 32 27 354
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      Zur Ausstellung

      Enzyklopädien des Imaginären

      Am 13.06.2008 eröffnet die Universitätsbibliothek Bochum die Ausstellung „Enzyklopädien des Imaginären“, in der zahlreiche buchkünstlerische Objekte gezeigt werden, die in Anlehnung an das literarische Werk des Argentinischen Autors Jorge Luis Borges entstanden sind.

      Der erste Teil der Ausstellung gilt der künstlerischen Rezeption des Werks von Borges seit den 1960er Jahren und zeigt neben illustrierten Ausgaben bekannter Texte dieses Autors (z.B. von „Die Bibliothek von Babel“) auch Objekte künstlerischer Buchgestaltung, die die Idee des Buches als Gegenstand künstlerischer, aber auch wissenschaftlicher Reflexion thematisieren.

      Im Mittelpunkt stehen dabei zwei künstlerische Projekte einer „Zweiten Enzyklopädie von Tlön“ wie sie von den beiden Künstlerduos Ines von Ketelhodt und Peter Malutzki und von Barbara und Markus Fahrner auf der Grundlage der Erzählung „Tlön, Uqbar, Orbis Tertius“ realisiert wurden.

      Der zweite Teil der Ausstellung widmet sich buchkünstlerischen Werken, die in ähnlicher Weise wie beispielsweise Borges „Buch der imaginären Wesen“ wissenschaftliche Darstellungsweisen imitieren und imaginäre Inhalte enzyklopädisch präsentieren. Die Ausstellung findet im Rahmen des von Frau Prof. Dr. Monika Schmitz-Emans geleiteten DFG-Projekts „Literarische Experimente mit der Gestalt des Buchs unter wissenspoetologischen, medienästhetischen und darstellungsreflexiven Aspekten“ statt. Die Ausstellung begleitet eine im Rahmen dieses Forschungsprojekts ausgerichtete Tagung am 14.06.2008 in der Universitätsbibliothek, an der neben Literaturwissenschaftlern und Kunsthistorikern auch die Künstler Ines von Ketelhodt und Peter Malutzki teilnehmen.


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      Einführung von Prof. Dr. Monika Schmitz-Emans

      Enzyklopädien des Imaginären - unter diesem Titel stehen die Austellung und das Kolloquium. Hier wie dort bildet das Werk von Jorge Luis Borges den Mittel- und Ausgangspunkt.

      Kernstücke der Ausstellung sind zwei große Künstlerbuchprojekte, beide betitelt „Zweite Enzykopädie von Tlön“: die Zweite Enzyklopädie des Künstler-Duos Ines von Ketelhodt und Peter Malutzki sowie die Zweite Enzyklopädie des Künstler Duos Barbara und Markus Fahrner. Die erstgenannte der beiden Enzyklopädien wird im Rahmen des Kolloquiums am 14. Juni durch die Künstler selbst vorgestellt und erläutert.

      Tlön - mit diesem Namen verbindet sich die Erinnerung an eine berühmte Geschichte von Borges, in der es um ein ambitioniertes Enzyklopädie-Projekt geht: „Tlön, Uqbar, orbis tertius“. Im 17. Jahrhundert, so erfahren wir hier durch den Erzähler, hat sich eine Gruppe von Gelehrten zusammengeschlossen, um eine neue Welt zu erfinden. Zu ihr gehören der idealistische Philosoph Berkeley sowie der Mathematiker und Zeichentheoretiker Dalgarno; der Gründer des Rosenkreuzer-Ordens Johann Valentin Andreae steht ihr zumindest nahe. Man plant zunächst die Erfindung eines Landes, das durch seine wissenschaftliche Beschreibung Gestalt annehmen soll. Aus der Einsicht heraus, ein solches Projekt sei notgedrungen des Werk mehrerer Generationen, wählen sich die beteiligten Spezialisten jeweils einen Schüler, der ihre Arbeit fortsetzt und so für die generationenübergreifende Fortführung des Projekts sorgt. 1824 führt der Kontakt eines der Enzyklopädisten mit dem exzentrischen amerikanischen Millionär Ezra Buckley dazu, daß der Plan sich auf die Erfindung eines Planeten ausdehnt. Buckley unterstützt den Bund, weil ihn die Idee einer Gegenwelt reizt. Diese soll mit der Schöpfung des christlichen Gottes konkurrieren (an den er nicht glaubt, den er aber beschämen möchte).

      In Anlehnung an die Encyclopaedia Britannica, die das zeitgenössische Wissen über die bestehende Welt zusammenfaßt, soll Tlöns Darstellung in enzyklopädischer Form erfolgen. Die 40bändige Enzyklopädie von Tlön, die daraufhin zwischen 1824 und 1914 entsteht, ist auf Englisch verfaßt. In dieser Phase sind 300 Bundesbrüder an der Erfindung von Tlön beteiligt. Das Unternehmen ist geheim und soll zudem nur die Vorstufe für ein umfassenderes enzyklopädisches Projekt sein. Dieses trägt den Titel „Orbis tertius“. „Orbis tertius“ ist geplant als eine detailliertere zweite Enzyklopädie von Tlön, verfaßt in einer der Sprachen von Tlön.
      Einer der Bände der Ersten Enzyklopädie von Tlön (der 11.) taucht in den 1930er Jahren im Nachlaß eines mutmaßlichen Enzyklopädisten (Herbert Ashe) auf und veranlaßt eine Gruppe von Nicht-Eingeweihten dazu, nach den übrigen Bänden zu suchen und Spekulationen über deren Inhalt sowie deren Entstehungsbedingungen anzustellen. Der Ich-Erzähler der Tlön-Geschichte gehört zu denen, die von der Idee eines enzyklopädisch beschriebenen imaginären Reiches fasziniert sind. Er faßt im ersten Teil seiner Erzählung zusammen, was man aus dem 11. Band bislang über Tlön weiß. Das Interesse an den zunächst unauffindbaren übrigen Bänden führt im Kreis seiner Freunde sogar zu dem Einfall, es sei möglich, diese fehlenden Bände selbst auf der Basis der verfügbaren Informationen über Tlön zu rekonstruieren - sprich: selbst zu konstruieren, was man sich zu besitzen wünscht.
      Der Impuls zu einer solchen Idee kommt gleichsam aus Tlön selbst. Denn dort geschieht es, daß Dinge sich realisieren, weil man sie sich vorstellt. Man betreibt die Erzeugung solch imaginationsgeborener Gegenstände sogar systematisch. Alle Bewohner von Tlön sind philosophische Idealisten. Entsprechend der These „esse est percipi“ existiert für sie die Welt, insofern sie Gegenstand menschlicher Vorstellungen ist - und nur, insofern sie dies ist. Damit ist die Grenze zwischen dem sogenannten „Realen“ und dem sogenannten „Imaginären“ gefallen.

      Von den Folgen berichtet Borges’ Erzähler: Ab 1942 tauchen - wie wir aus einem dritter Teil der Erzählung, der ‘Nachschrift’ erfahren - Objekte in der Welt des in Argentinien lebenden Erzählers auf, die nicht aus dem bekannten und von den konventionellen Wissenschaften beschriebenen Universum zu stammen scheinen, sondern auf eine Tlönianische Provenienz hindeuten. Eines der Objekte ist ein Kompaß mit Tlönischen Ziffern, ein anderes ein unerklärlich schwerer Metallkegel. Auch die bis dahin vergeblich gesuchten fehlenden Bände der Ersten Enzyklopädie von Tlön werden 1944 in den USA aufgefunden. Unklar sind die Hintergründe: Vielleicht hat der Geheimbund der Enzyklopädisten dies so arrangiert. Dies würde aber nicht erklären, warum mindestens eines der Objekte aus einer auf Erden unbekannten Materie besteht. Eine andere, vom Text nur angedeutete Hypothese wäre tlönianisch: Das Bedürfnis der Erdenbewohner, Tlönische Objekte und insbesondere die Enzyklopädie zu besitzen - die Konzentration der Vorstellungen auf diese Dinge, hat die Objekte des Begehrens selbst hervorgebracht.

      Die im Erzählerbericht genannten Jahre 1942 und 1944 sowie das Jahr, auf das diese Nachschrift datiert ist (1947), liegen später als die Abfassung und die erste Publikation der Erzählung selbst. Borges schrieb 1940 also über die Zukunft. Auch diese Konstruktion ist auf die in Tlön herrschende idealistische Philosophie abgestimmt, denn hier ist man von der Idealität der Zeit überzeugt. Mittlerweile sind, wie wir erfahren, Tlönische Vorstellungen über die Welt so nachhaltig in die Welt des Erzählers eingedrungen, daß sie zur Reformierung mehrerer Wissenschaften geführt hat, vor allem infolge der Ausbreitung der Sprache von Tlön. Der Erzähler erwartet, daß sich über kurz oder lang die Welt selbst völlig dem Entwurf Tlöns anpassen wird. Und er geht davon aus, in etwa hundert Jahren (also um 2047) werde jemand die Zweite Enzyklopädie von Tlön entdecken - verfaßt auf Tlönisch, versteht sich.

      Es hat nicht bis 2047 gedauert, bis die Zweite Enzyklopädie von Tlön sichtbar wurde. Schon in den letzten Jahren des alten Jahrhunderts wurden entsprechende Projekte in Angriff genommen. Die beiden Künstler-Duos von Ines von Ketelhodt/Peter Malutzki und Barbara Fahrner/Markus Fahrner haben jeweils zweite Enzyklopädien geschaffen. Ihre Werke entstanden ab 1997 im Ausgang von gemeinsamen Vorüberlegungen, verzweigten sich dann aber in zwei verschiedene und konzeptionell deutlich differierende Projekte.

      Die Zweite Enzyklopädie von Tlön der Künstler Ines von Ketelhodt und Peter Malutzki besteht aus 50 gebundenen Büchern gleichen Formats (bei unterschiedlicher Dicke der Bände). Jeder der Bände ist einem Stichwort (und über dieses Stichwort einem Thema) zugeordnet. Die Darstellungsformen der Themen variieren erheblich; was die Bände allerdings gemeinsam haben, ist die Signifikanz ihrer Materialität: Papierbeschaffenheit, Papierstruktur, Bildformen, Farben, Seitenlayout und haptische Qualität spielen unterschiedlichste, stets aber wichtige Rollen. Entsprechend den auf den Buchrücken angezeigten Stich- und Themenwörtern sind die Bände alphabetisch geordnet.

      Die zweite Enzyklopädie von Barbara und Markus Fahrner beruht ebenfalls auf dem alphabetischen Ordnungssystem. Die äußere Form ist dabei aber offener. Nicht in Gestalt gebundener Bücher präsentieren sich die einzelnen Teile, sondern als abgeheftete Unterlagen in insgesamt fünf grünen Aktenordnern. Die Ordner enthalten Beiträge zu verschiedenen Themen, jeweils nach alphabetisch sortierten Stichwörtern gereiht. Die Ordner-Struktur sowie der Umstand, daß vielfach gefaltete Papiertaschen, Umschläge und andere ‘Behältnisse’ abgeheftet sind, scheinen dazu einzuladen, die Enzyklopädie durch Hinzufügungen fortzuführen.

      Borges selbst stellt die Begriffe und Modelle zur Verfügung, um die Beziehung seines Textes zu den beiden Tlön-Enzyklopädien zu beschreiben. In Tlön, so erfahren wir ja, entstehen Dinge daraus, daß man sie sich vorstellt. Man nennt diese aus Vorstellungen erzeugten Gegenstände „hrön“, im Plural „hrönir“. Nach einer Phase der improvisierten Kreationen ist man zu gezielten Experimenten und dann zu ‘methodischen Züchtungen’ übergegangen.

      Die beiden Buchkunst-Projekte - hervorgebracht durch die Vorstellung einer Zweiten Enzyklopädie, wie sie zuerst in Borges’ Text Kontur annahm - ist insofern ein „Hrön“. In der Borgesianischen Welt - so muß dabei betont werden - besteht keine Hierarchie zwischen Ur- und Abbildlichkeit mehr.

      Wenn wir es heute mit Zwei Zweiten Enzyklopädien von Tlön zu tun haben, so deshalb weil die beiden Projekte sich nach einer gemeinsamen Anfangsphase konzeptuell auseinanderentwickelten und verzweigten. Dabei scheint es, als habe Borges auch diese Verzweigung und Verdopplung in seiner Geschichte schon antizipiert. Denn die ersten Mitteilungen seines Erzählers über die Genese von Hrönir sprechen darüber, wie diese gleich im Doppel entstehen:

      „Der Idealismus von Jahrhunderten und Aberjahrhunderten ist an der Wirklichkeit nicht spurlos vorbeigegangen. So ist in den ältesten Gebieten von Tlön die Verdoppelung verlorener Gegenstände nichts Seltenes. Zwei Personen suchen einen Bleistift; die erste findet ihn und sagt nichts; die zweite findet einen zweiten nicht minder wirklichen Bleistift, der jedoch ihrer Erwartung besser angepaßt ist.“

      Wie die Vorstellung eines Bleistifts bei zwei verschiedenen Personen zur Hervorbringung von zwei Bleistift-Hrönir führt, so hat die Vorstellung einer Zweiten Enzyklopädie offenbar zu zwei zweiten Enzyklopädien geführt, die jeweils den Vorstellungen ihrer Schöpfer besser angepaßt sind als die andere. Die Diskussion darüber, ob der erste oder der zweite gefundene Bleistift jener Bleistift ist, der da verloren ging, ist in Tlön gar nicht möglich, da man nicht in uns geläufigen Vorstellungen über Kausalität befangen ist. Beide Objekte sind der Bleistift.
      „In Tlön verdoppeln sich die Dinge“, so heißt es bei Borges. Der Anblick beider Enzyklopädien nebeneinander reiht sich zu vielen anderen Indizien dafür, daß wir selbst in Tlön sind.

      Die Zweite Enzyklopädie der Künstler von Ketelhodt und Malutzki steht in einer mehrschichtigen Beziehungen zur Tlön-Geschichte. So enthält sie erstens den Text der Erzählung, verteilt auf die verschiedenen Bände, als typographisch variationsreich dargebotenes Lang-Zitat. Zweitens sind die Bände vielfach zentralen Stichworten der Erzählung gewidmet, so den Stichworten Tlön, Uqbar und Orbis tertius selbst, ferner etwa den Kernbegriffen Buch, Spiegel und Zeit. Die Bände, die den vier klassischen Elementen Luft (Air), Erde, Feuer (Fuego) und Wasser (Seestücke) gewidmet sind, die Bände, welche auf die Grundfarben Rot, Blau und Gelb Bezug nehmen, sowie die Bände, welche Grundformen der Repräsentation - Name, Bild (imago) - gelten, korrespondieren dem Projekt der Konstruktion einer Welt in besonders deutlicher Weise.

      Bemerkenswert ist auch dies: Der Borges-Text und die Zweite Enzyklopädie stehen in einem wechselseitigen Repräsentationsbezug - und das heißt in Borgesianischen Kategorien gesprochen: in einem wechselseitigen Begründungssverhältnis. Denn (1) der Tlön-Text kommt in der „Zweiten Enzyklopädie von Tlön“ vor (als Zitat), und (2) die „Zweite Enzyklopädie...“ kommt ihrerseits in der Tlön-Erzählung vor (nämlich als etwas, das im Jahr dem Tlön-Erzähler zufolge 2047 existieren wird).
      Zirkuläre Begründungen nach dem Prinzip „A liegt B zugrunde und B liegt A zugrunde“ gehören zu den Spezialitäten der Borgesianischen Imagination. Tlön selbst generiert sich ja gemäß dem paradoxen Modell „A bewirkt B, und B bewirkt A“: In einem zirkulären Prozeß produziert eine weltschöpferische Imagination eine Welt, in welcher die Imagination „Wirkliches“ hervorbringen kann.

      Auch in der anderen Zweiten Enzyklopädie von Barbara und Markus Fahrner finden sich Hinweise auf Borges, die das Unternehmen in eine ähnliche Beziehung zur Tlön-Erzählung treten lassen; sie sind teilweise versteckter, wie das Fahrner-Fahrner-Projekt denn insgesamt weniger ‘more geometrico’ konstruiert erscheint als das von Ketelhodt-Malutzki. Gemeinsam ist beiden Zweiten Enzyklopädie-Projekten ihre enge und vielschichte Beziehung zur Welt literarischer Imaginationen und Texte. Eine Vielzahl von Autoren findet sich bei von Ketelhodt und Malutzki zitiert; teilweise spielen sie in den Bänden prominente Rollen. So ist der Band „città“ (Stadt) von I. v. Ketelhodt in Erinnerung an Italo Calvinos Erzählung „Le città invisibili“ (Die unsichtbaren Städte) konzipiert, und schon der erste Band „Air“ erinnert an H.C. Artmann und seinen „Aeronautischen Sindtbart“. Insofern ist die Zweite Enzyklopädie unter anderem auch eine Enzyklopädie literarischer Texte - und ein Gegenstand literaturwissenschaftlichen Interesses. Grund genug für Literaturwissenschaftler, sich mit dem Werk auseinanderzusetzen.

      Auch in der Fahrner/Fahrner-Enzyklopädie lassen sich vielfältige literarische Zitate aufspüren. Hinzu kommen hier literarische Texte (Aphoristisches und Essayistisches, Erzählungen und Gedichte), die eigens für das Projekt geschrieben worden sind.

      Formen der Rezeption literarischer Texte durch bildende Künstler gehören zu den faszinierendsten Themen der Literaturwissenschaft.
      Der künstlerischen Borges-Rezeption ist die gesamte Ausstellung gewidmet, deren Exponate ein Spektrum verschiedener Antworten von Buchkünstlern und Grafikern auf das Werk des Argentiniers darstellen - von der Buchillustration bis zu freien Phantasie über ein Borgesianisches Phantasma.

      Das Besondere liegt, wie nochmals betont sei, im Fall Borges darin, daß bei ihm die Antizipation von Erfahrungsgegenständen durch die Vorstellung thematisch eine so prägende Rolle spielt. Implizit reflektieren seine Texte damit auch über den Bedingungszusammenhang zwischen den in ihnen sprachlich formulierten Vorstellungen und der Genese von sinnlich-konkreten Objekten wie den hier gezeigten. Wir sehen - eine Ausstellung von Hrönir, gezeugt von Vorstellungen, unabhängig von der Existenz abbildbarer Urbilder.


       

      Einführung Christoph Schulz

      in Vorbereitung


       

      Liste der Exponate

      Etage 1: Jorge Luis Borges „Zweite Enzyklopädie von Tlön“ als buchkünstlerisches Projekt

      Vitrine 1 und 2

      • Ines von Ketelhodt und Peter Malutzki, Zweite Enzyklopädie von Tlön . 50 Bd., Auflage 40 Exemplare. 1997–2007

      Vitrine 3 und 4

      • Barbara und Markus Fahrner, Die zweite Enzyklopädie von Tlön. 5 Ringbuchordner, Auflage 10 Exemplare. Selbstverlag, Frankfurt 1997–2002.

      Etage 2: Künstlerische Arbeiten zu Jorge Luis Borges Erzählung „Die Bibliothek von Babel“

      Vitrine 5

      • Pierre Cordier, Livrillisible. Nach »Die Bibliothek von Babel« von Jorge Luis Borges, 1964
      • Pierre Cordier, Livrillisible 1964–78. Nach »Die Bibliothek von Babel« von Jorge Luis Borges, 1978
      • Michael Gibbs, Somevolumesfromthelibraryofbabel . Edition Ex Libris, Amsterdam 1982
      • Jorge Luis Borges, The Secret Books – the Library of Babel . Photographien von Sean Kernan. Stony Creek 1999
      • Jorge Luis Borges, The Library of Babel . Illustrationen von Erik Desmanzières. Godine, Boston 2000
      • Jorge Luis Borges, Die Bibliothek von Babel. Typographische Gestaltung von Klaus Detjen. Steidl, Büchergilde Gutenberg, Göttingen 2001

      Vitrine 6

      • Die Bibliothek von Babel. Eine Sammlung phantastischer Literatur nach Jorge Luis Borges. Stuttgart 1983-1984

      Etage 3: Jorge Luis Borges illustriert - Beispiele illustrierter Ausgaben

      Vitrine 7

      • Jorge Luis Borges, Tlön, Uqbar, Orbis Tertius. Illustrationen von Rikki Ducornet. Scarborough, Ontario 1983
      • Jorge Luis Borges, Ficciones. Illustrationen und Gestaltung von Sol Lewitt. New York Limited Editions Club 1984
      • Jorge Luis Borges und Margarita Guerrero, The Book of Imaginary Beings. Illustriert von Peter Sis. Viking, New York u.a. 2005
      • Jorge Luis Borges, Das Aleph. Erzählungen von 1944 bis 1952. San Francisco 2003

      Etage 4/1: Beispiele früher bibliophiler Ausgaben

      • Jorge Luis Borges, Siete Poemas. Illustration von Jorge Larco. Buenos Aires 1967
      • Jorge Luis Borges, Otro poemas de los dones y tres sonetos. Illustration von Juan Batlle Planas. Buenos Aires 1963
      • Jorge Luis Borges, El Duelo. Illustration von Santiago Cogorno. Buenos Aires 1970
      • Jorge Luis Borges, El Otro. Illustration von Ana Maria Moncalvo. Buenos Aires 1972

      Etage 4/2: Künstlerbücher und buchkünstlerische Projekte, die sich auf Werke Jorge Luis Borges beziehen

      Vitrine 8

      • Barbara Fahrner, Der Garten der Pfade, die sich verzweigen. Originalbuch, 1995–1996
      • Barbara Fahrner, Der Unsterbliche. Originalbuch, 1997
      • Barbara Fahrner, Das Geheimnis der zweiten Enzyklopädie von Tlön aufgezeichnet von Barbara Fahrner Originalbuch, 2008

      Etage 5/1: Beispiele früher bibliophiler Ausgaben

      Vitrine 9

      • Koen Brams, Erfundene Kunst: eine Enzyklopädie fiktiver Künstler von 1605 bis heute. Frankfurt am Main 2003
      • Paolo Albani, Paolo della Bella, Forse Queneau enciclopedia delle scienze anomale. Bologna 2000
      • Paolo Albani, Paolo della Bella, Mirabiblia: catalogo ragionato di libri introvabili. Bologna 2003
      • Neil Gaiman, China Mieville und Kage Baker, The Thakery T. Lambshead Pocket Guide to Eccentric & Discredited Diseases. San Francisco 2003

      Etage 5/2: Kompendien des Imaginären

      Vitrine 10

      • Luigi Serafini, Codex Seraphinianus. Ein Orbis Pictus des Universums der Phantasie (1976–78) . Mailand 2006
      • Ror Wolf, Raoul Tranchirers vielseitiger großer Ratschläger für alle Fälle der Welt. Gießen 1983
      • Ror Wolf, Raoul Tranchirers Welt-und Wirklichkeitslehre aus dem Reich des Fleisches, der Erde, der Luft, des Wassers und der Gefühle. Gießen 1990
      • Ror Wolf, Tranchirers letzte Gedanken über die Vermehrung der Lust und des Schreckens. Gießen 1994
      • Ror Wolf, Raoul Tranchirers Mitteilungen an Ratlose. Zürich 1988